EINE GESCHICHTE VON EMANUELFLEUTI
Pepe Roni sass in seinem Lieblingsrestaurant ‘Au Bergine’ am Fenster und dachte angestrengt nach. Sein Freund Tom Ate sass ihm gegenüber und schaute interessiert zu. Schliesslich sah Pepe auf, blickte zur Theke und schnippte mit den Fingern. Der Barkeeper brachte ihm einen frischen Ananassaft mit Minze, geschüttelt natürlich, nicht gerührt.
«Bereits zum dritten Mal in diesem Monat ging ein Dienstwagen des Präsidenten kaputt», sagte er schliesslich. «In allen Fällen ging das Auto in Flammen auf. Zum Glück war es immer auf einer Fahrt ohne Personen und die Fahrer konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen. Das sieht mir sehr nach Sabotage aus und ich habe den Auftrag herauszufinden, wer dahintersteckt.»
Sie teilten sich auf. Pepe wollte als erstes mit einem Fahrer sprechen, während Tom diskret die Garage mit den Autos auskundschaften sollte. Pepe ging zu den Büros des Fahrdienstes. Er traf Blau Beere, die Fahrerin des zweiten Unfallautos.
«Also das war so», erzählte sie langsam, «ich sollte den ersten Minister abholen, doch als ich ankam, sagte mir der Protokollchef, dass er schon mit einem Taxi weggefahren sei. Also wollte ich zur Garage zurück. Doch schon nach einer Minute hörte ich Klopfgeräusche aus dem Motorenraum. Ich kannte das von einem früheren Vorfall, also hielt ich an und stieg aus. Da gab es einen Knall und das Auto brannte sofort. Mehr weiss ich nicht. So, und jetzt muss ich noch etwas Papierkram erledigen.»
Pepe ging etwas nachdenklich zurück ins ‘Au Bergine’. Die Fahrerin schien nicht sonderlich aufgeregt zu sein und sich gekonnt aus der Situation gerettet zu haben. Er fragte sich, ob der Minister das auch so gut gekonnt hätte. In der Regel wurden die Türen während der Dienstfahrt nämlich verschlossen.
Kurz darauf kam Tom zurück. Er hatte sich die Garage etwas näher angeschaut. «Es war nur eine Person in der Halle, wohl ein Mechaniker. Er hatte eine schwarze Latzhose an, die auch schon bessere Tage gesehen hat. Und er trug eine Halskette mit Bernsteinen. Er hat an einem Dienstauto mit der Nummer AP-35 herumgebastelt.» Pepe zog erstaunt die Augenbraue hoch. «Blau Beere hat auch so eine Halskette getragen», erwiderte er gedehnt. «Das kann ein Zufall sein, muss aber nicht», ergänzte er.
Zurück im Büro ging er zuerst zu Ban A-Ne, seinem Freund aus Costa Rica. Er ging leicht gekrümmt und war etwas gelb im Gesicht. «Finde mir bitte heraus, ob die Bernsteinkette etwas bedeutet», beauftragte Pepe ihn. Ban A-Ne nickte freundlich und deutete auf das Telefon. Er würde ihn anrufen, sobald er etwas wüsste.
Dann setzte sich Pepe an den Computer und studierte die Fahraufträge für das Präsidentenbüro. Tatsächlich, da war ein Fahrauftrag drin. Wieder für den ersten Minister. Und der zugeteilte Wagen trug das Kennzeichen AP-35 und die Fahrerin war Blau Beere. Dieses Auto war doch eben in der Garage? Pepe sprang auf. Das musste er sich näher ansehen.
Das Mobiltelefon läutete und Pepe nahm ab. Es war Ban A-Ne. «Die Bernsteinkette scheint ein geheimes Zeichen einer Verbrecherbande zu sein, die sich auf Sabotage spezialisiert hat. Der Chef der Band heisst Fra Gole. Und der Name des ersten Ministers scheint auf einer ihrer Listen zu stehen.»
Jetzt musste Pepe schnell handeln. Offenbar stand ein weiterer Anschlag bevor. Während er vom ‘Au Bergine’ wegfuhr, prüfte er seinen Rückspiegel. An der zweiten Ampel merkte er, dass er verfolgt wurde. Das war kein Zufall, fuhr es ihm durch den Kopf. War es der Mechaniker?
Sofort rief er Tom an «Fahr zur Garage und folge dem Dienstwagen, wenn er losfährt. Er wird auf direktem Weg zum Haus des ersten Ministers sein. Ich habe den Mechaniker hinter mir. Wir sollten versuchen, sie beide gleichzeitig zu packen.»
Dann rief er die Gebrüder One an. Mel und Zitr halfen ihm immer mal wieder aus. So auch jetzt. «Fahrt zur letzten Kreuzung vor dem Haus des Ministers und simuliert einen Unfall. Wenn der Dienstwagen kommt, schnappt ihr euch die Fahrerin.»
Langsam fuhr er weiter und bog ein paar Mal nach rechts und links ab. Das Auto hinter ihm blieb dran. Gut so, dachte sich Pepe, dann geht das im gleichen. Eine Nachricht blendete auf. Der Dienstwagen war unterwegs und Tom folgte ihm unauffällig. Gleich darauf kam eine zweite Nachricht. Mel One und Zitr One seien vor Ort und würden nun beginnen, sich gegenseitig wortreich zu beschimpfen.
Da, eine erneute Nachricht von Tom. Noch etwa eine Minute, dann würde der Dienstwagen beim simulierten Unfall von Mel und Zitr sein. Pepe nickte grimmig. Er fuhr sehr langsam auf einer Seitenstrasse vor der Kreuzung und zählte die Sekunden.
Auf die Sekunde genau drückte Pepe auf das Gaspedal. Der Wagen schoss vorwärts und Pepe fuhr auf die Kreuzung. Direkt vor ihm waren drei Autos. Die beiden der Gebrüder One versperrten die Strasse zum Haus des Ministers und direkt davor stand das Dienstauto AP-35 und hupte. Mel und Zitr gestikulierten mit den Armen und liefen auf die Fahrertüre zu.
Pepe bremste und hielt hinter dem Dienstwagen an. Er sprang aus seinem Auto und drehte sich um. Das Verfolgerauto, das eben noch hinter ihm herfuhr, hatte zwar abgebremst, versuchte jetzt aber zu wenden. Offensichtlich wollte sich da jemand aus dem Staub machen.
Da bog Tom mit lautem Hupen um die Ecke und versperrte den Fluchtweg. Pepe und Tom rannten auf das Verfolgerauto zu und rissen die Türe auf. «Es ist der Mechaniker», rief Tom atemlos. Sie packen ihn und zogen ihn aus dem Wagen.
Pepe schaute auf, als er in der Ferne Polizeisirenen hörte. Mel und Zitr hielten Blau Beere fest, die wie wild zappelte. Ein paar Augenblicke später bogen zwei Streifenwagen um die Ecke und hielten an. Während die Polizisten den beiden Handschellen anlegten, näherte sich Inspektor Ap Fel Pepe.
«Ist das eine Art Autoausstellung oder was?», fragte er und deutete auf die Autos, die kreuz und quer herumstanden. Tom hatte ihn schon früher aufgeboten.
Pepe lachte. «Ja und auch ein einfaches Rätsel. Eines dieser Autos ist mit einer Bombe präpariert, die in die Luft gehen soll, wenn der erste Minister drinsitzt. Welches ist es?»
Inspektor Ap Fel schüttelte den Kopf, nachdem er diesen erst mal gekratzt hatte. «Und um was genau geht es hier?», fragte er schliesslich.
«Also das ist so», erklärte Pepe, «Fra Gole und Blau Beere sind Mitglieder einer Verbrecherbande, erkennbar an ihren Bernsteinhalsketten. Sie wollten den ersten Minister töten, also haben sie den Dienstwagen entsprechend präpariert. Die Fahrerin hätte das Auto noch verlassen können, der Minister wäre aber gefangen gewesen. Nur hatte es bisher nicht geklappt, weil der Minister öfters einfach ein Taxi nahm.»
«So», meinte er abschliessend zum Inspektor, «ich würde den Dienstwagen hier an Ort und Stelle auseinandernehmen lassen, nicht dass die Bombe am falschen Ort hochgeht. Und wir gehen jetzt alle ins ‘Au Bergine’ für einen kühlen Ananassaft mit Minze. Der ist auch bombenmässig.»