EINE GESCHICHTE VON EMANUELFLEUTI

 

Vorgabe: Bettmümpfeli, Pfahlbäuerin, hyperventilieren

Pepe Roni betrat sein Lieblingsrestaurant ‚Au Bergine‘ in fröhlicher Stimmung und steuerte sofort auf einen Tisch ganz hinten links zu. Fen war schon da und sie begrüssten sich herzlich. Pepe bestellte kühlen Ananassaft mit Minze – geschüttelt, nicht gerührt. Dann schaute er Fen fragend an.
Fen Chel, von der grossen Versicherungsgesellschaft der Stadt, hatte ihm früher am Tag eine Nachricht geschickt, nach der sie ihn dringend sehen möchte.
„Die Pfahlbäuerin wurde gestern per Ambulanz ins Spital eingeliefert“, sagte sie schliesslich vielsagend. Pepe zog überrascht die Augenbraue hoch. Die Pfahlbäuerin hiess eigentlich Heidel Beere, aber sie war früher mit dem schwerreichen Fabrikanten Pfahlbauer verheiratet gewesen und als der starb, erbte sie das ganze Vermögen. Jetzt war also sie steinreich und heiratete kurz darauf den jungen Apotheker Johannis Beere. Man nannte sie aber einfach die Pfahlbäuerin.
„Ginge uns ja eigentlich nichts an“, fuhr Fen mit ernster Miene fort. „Aber sie hatte bei uns eine Lebensversicherung abgeschlossen und ihr Mann würde das Geld erhalten. Bis letzten Monat war es nicht viel, nur eine halbe Million, doch dann hatte sie den Versicherungsbetrag auf fünf Millionen erhöht.“
„Die Versuchung steigt?“ fragte Pepe dazwischen.
Fen lächelte. „Vielleicht. Sie hat gestern Morgen noch einen Notruf absetzen können. Die Ambulanz war schnell dort und sie wurde umgehend ins Spital gebracht. Mehr wissen wir derzeit nicht. Aber ich habe das Gefühl, dass hier irgendetwas faul ist.“
Pepe pflichtete ihr im Stillen bei. Versicherungsbetrag und Erbschaft zusammen ergaben wohl einen erklecklichen Betrag.
„Ich werde mich darum kümmern“, versprach er ihr. Doch erst genossen sie noch den angebrochenen Abend zusammen.
Am nächsten Morgen schickte er seinen Partner Tom Ate zur Sanität, um sich umzuhören. Er selber setzte sich an den Computer und recherchierte den ganzen Morgen lang. Er zog einige Male die Augenbrauen hoch. Nach dem Mittag traf er sich mit Tom im ‚Au Bergine‘ und liess sich berichten.
„Nun, ich konnte mit dem Sanitäter sprechen, der dort war“, erklärte Tom. „Die Frau sei am hyperventilieren gewesen, vielleicht auch am halluzinieren. Sie hätte immer wieder von einem Bettmümpfeli gesprochen, dabei sei ja Vormittag gewesen und sie hätten trotz raschem Umsehen überhaupt nichts finden können. Dann sei sie zusammengebrochen.“
„Hm“, meinte Pepe vielsagend. „Wie wäre es mit einem Langzeitgift? Haben Apotheker Zugang zu solchen Langstrassen-Spezialitäten?“
„Ich habe inzwischen nämlich herausgefunden, dass Johannis Beere mit seiner Apotheke stark verschuldet ist. Und er hat eine Freundin, die Krankenpflegerin ist. Ich denke, wir müssen wohl die Temperatur etwas erhöhen.“
Er ging in die Stadt und betrat die Apotheke von Johannis Beere, der ihn musterte, begrüsste und nach seinen Wünschen fragte. Pepe spielte etwas den Leutseligen.
„Ach wissen Sie, ich brauche nur ein Fiebermittel“, sagte er laut und wedelte mit den Armen. „Ja und vielleicht noch etwas zur Beruhigung. Haben Sie etwas für am Abend, so wie ein Bettmümpfeli, das mich einschlafen lässt?“ Er lachte ein bisschen, betrachtete Johannis aber aufmerksam.
Johannis wurde etwas bleich und seine Hand verkrampfte sich zu einer Faust. Pepe sah, wie er versuchte, seine Haltung nicht zu verlieren. Wortlos drehte er sich um und griff nach einer Schachtel mit Tabletten. Pepe bezahlte, wedelte noch etwas mit den Armen, wobei er unauffällig eine Telefonwanze auf der Theke deponierte und verliess dann rasch die Apotheke.
Es dauerte keine zehn Minuten, bis er das Telefongespräch hörte, das er eigentlich schon fast erwartet hatte.
„Irgendetwas stimmt nicht“, hörte er Johannis mit hektischer Stimme sagen. „Da kam ein Kunde und fragte nach einem Beruhigungsbettmümpfeli. Du musst es heute Abend erledigen können.“ Pepe hörte die Antwort nicht, doch er machte sich so seinen Reim drauf.
Er fuhr direkt ins Spital zum leitenden Arzt. „Mein Name ist Roni, Pepe Roni“, stellte er sich vor. „Oli Ve“, antwortete der Arzt. „Um was geht es?“
Pepe erklärte ihm in wenigen Worten, dass Heidel Beere vermutlich vergiftet werden sollte. Es ginge also darum sicherzustellen, dass die Patientin kein Medikament erhalte, das auf der Station vorbereitet werde. Stattdessen solle der Arzt persönlich die Medikamente verabreichen und die anderen sicherstellen. Oli Ve nickte.
Dann rief Pepe erst Tom an und verabredete sich beim Wohnhaus des Apothekers. Nach kurzem Zögern telefonierte er aber dann doch noch mit Inspektor Ap Fel von der Polizei.
„Hallo Inspektor“, lachte er, „kommen Sie doch auch noch zur Bettmümpfeliparty beim Haus der Pfahlbäuerin.“ Obwohl Ap Fel wieder einmal nichts verstand, willigte er ein, zu kommen.
Pepe und Tom warteten im Schatten der hohen Büsche neben dem Eingang. Es wurde dunkel. Schliesslich fuhr ein Wagen die Auffahrt hoch und hielt vor dem Eingang. Ein Mann, es war Johannis, und eine Frau stiegen aus, nahmen einen Koffer aus dem Auto und öffneten die Türe. In dem Moment stürzten Tom und Pepe hinter dem Gebüsch hervor. Vergeblich versuchte Johannis, die Türe zu schliessen.
„Ein Überfall“, rief er, „ich rufe die Polizei.“ – „Gerne, ist aber schon unterwegs“, antwortete Pepe und drängte die beiden mit Tom zusammen in das Haus. Tatsächlich betrat Ap Fel nur einen Augenblick später das Haus. Er holte eben tief Luft um endlich herauszufinden, um was es da ging, als Pepes Telefon klingelte.
Er nahm ab und stellte auf Lautsprecher um. Es war Oli Ve vom Spital. „Sie hatten recht!“ sagte dieser etwas atemlos. „Bei den bereitgestellten Medikamenten hatte es eines für Frau Beere, das niemand von uns vorbereitet hatte. Und niemand kann sich an eine fremde Pflegerin erinnern, die da gewesen wäre. Ausser einer Putzfrau war niemand hier. Ich habe das fremde Medikament sichergestellt.“
Tom ging zum Koffer und öffnete ihn. Fein säuberlich zusammengelegt war darin ein Arbeitsanzug für eine Putzfrau, zusammen mit Plastikhandschuhen.
Ap Fel kratzte sich am Kopf, schüttelte ihn und drehte sich dann zu Johannis um. „Sie werden mir einiges zu erklären haben, und dem Richter wohl auch.“ Er liess die beiden wegen Mordverdachts festnehmen.
Pepe blickte auf seine Uhr als sie aus dem Haus gingen. „Es ist schon spät“, meinte er gespielt überrascht. „Ich glaube, ich muss dringend ins ‚Au Bergine‘ und mir dort ein Bettmümpfeli genehmigen.“