EINE GESCHICHTE VON KÜMMEL
Orgli, Ori und Schnitti sind mal wieder auf einer Wanderung. Das tun sie öfters und finden es voll cool oder viel mehr haben sie es einfach gut miteinander. Alle sind sehr eingespannt in ihrem Leben und brauchen den gemütlichen Austausch miteinander und das geht am besten in den Bergen. Heute ist eine Höhenwanderung zu den Ahnen von Schnitti angesagt. Diese lebten damals in den Bergen in der Nähe der Schnittlerhöhe, ein wunderbares Hochtal. «Sag mal Schnitti, wie sind damals Deine Vorfahren ins Tal runtergekommen?» «Hmm, lange Geschichte, aber ich erzähle sie gerne kurz. Bauer Wanderli, er wäre jetzt ungefähr 300 Jahre alt, war ein richtiger Wanderfitz und immer in den Bergen unterwegs. Nicht immer zur Freude seiner Familie, die dann den Hof ohne ihn bestellen musste. Aber er brachte immer etwas Nützliches oder Schönes zurück. Auf einer solchen Wanderung entdeckte er auf der Schnittlerhöhe – diese hiess damals wohl noch anders – eine Art grünes Gras, welches super fein schmeckte. Er schnitt es ab und brachte es nach Hause. Alle waren davon begeistert und so ging Bauer Wanderli wieder in die Berge und holte von dem Gras mit Wurzeln nach Hause ins Tal. Wir Schnittlauche haben uns rasch akklimatisiert und zum Dank für das etwas gemütlichere Klima haben wir uns entschieden zu blühen. Das hat sich erhalten und immer zwischen Mai und August blühen wir zum Dank für Meister Wanderli, der uns in das freundlichere Klima mitgenommen hat. Dennoch ist es mir wichtig, immer wieder an die Herkunft meiner Ahnen zu denken, weshalb ich – am liebsten als blühender Schnittlauch – in die Berge gehe und ihnen somit meine Ehre erweise.»
Ori verdrückte ein kleines Tränchen, wusste sie doch, dass sie von Schnitti auf einer ebensolchen Wanderung gefunden wurde. Sie war damals am Ende. Todtraurig über den Verlust ihres Partners Ore, der leider damals einfach so davongetragen wurde. Nur dank Schnitti, der sie aufhob und auch als einzelnen Ohrring ernst nahm, hatte sie wieder ein Leben in Freude. Schnitti nahm sie mit nach Hause und bevor er sich wieder blühend in den Garten stellte, hängte er Ori an eine seiner Blüten und stellte sich so auf, dass klein Anna den Ohrring fand und sofort an ihr Ohr hängte. Sie wusste, dass sie ihn immer wieder bei Schnitti anhängen musste, wenn Schnitti auf den Steinplatten des Gartenweges auf und ab hüpfte. Anna war eben sehr schlau und wusste, das Schnitti den Ohrring stets zurückbrachte. Ori trauerte nur noch ganz selten um Ore, weil sie mit ihrem neuen Leben zufrieden war und die Bergwanderungen waren einfach zu schön. Vor allem das runterrollen!
Orgli war der Grösste von allen. Er sah dadurch viel weiter als die beiden anderen und das war sehr hilfreich. Schnitti mochte keine Hunde, weil sie im gelegentlich an sein einziges Bein pinkelten. Wenn Orgli also von weitem einen Hund sah, dann machte er einen tiefen lauten Ton und der Hund einen Bogen. Ansonsten war Orgli derjenige mit der schlechtesten Kondition, was beim Wandern schon ab und zu dazu führte, dass er aus dem letzten Loch pfiff. Das war kein Wunder, denn Orgli hatten einen super strengen Onkel. Onkel Organo war das Oberhaupt des Clans und dieser Familienclan von Orgli war riesig. Sie wohnten alle in der Kirche und mussten als Orgelpfeifen immer krass strammstehen. Egal ob musizieren, miteinander spielen, Kaffee trinken, schlafen, immer musste strammgestanden werden und wehe, wer sich bewegte. Es grenzte an ein Wunder, dass Orgli ab und zu mit seinen Freunden zum Wandern gehen durfte. Umso mehr genoss er dieses Privileg, auch wenn es ihn immer wieder an die Leistungsgrenzen brachte.
Die drei hatten es sehr lustig miteinander und wussten sich immer viel zu erzählen. Ori hatte immer die neusten Streiche von klein Anna auf Lager, Schnitti wusste, wer grad wieder mit wem durchs Dorf zog und sie rätselten dann immer, ob das Bestand haben wird und Orgli eines Tages an der Hochzeit zum Zug kommt. Und Orgli hatte stets die witzigsten Erlebnisse mit den Kirchgästen zu erzählen, welche mal wieder eingeschlafen und entweder geschnarcht oder gar wie Emil Wanderli – ja, ja, ein Nachfahre des Bauern Wanderli, der den Schnittlauch zum Blühen brachte – vom Kirchbank fiel.
Wie auch immer, wenn Du die Drei bei einer Deiner nächsten Wanderungen antriffst, dann hoffe ich, dass Dich deren Fröhlichkeit ansteckt.